Man will es ja nicht wirklich glauben, aber ja, das Konzert in Rotkreuz war mein erstes Züri West-Konzert überhaupt. Entsprechend gross war meine Nervosität im Vorfeld… Kuno live, das war für mich fast, als würde ich Robbie Williams persönlich treffen! Den Abend im Dorfmatt-Saal in Rotkreuz eröffnete allerdings Adrian Stern. Er hatte einen ziemlich schweren Stand – gegen die „Giele“ aus Bern.
Entsprechend lasch war die Stimmung, als der Badener auf die Bühne kam. Das Publikum redete fast unentwegt und ich wurde das Gefühl nicht los, dass die meisten nicht wussten, wer der Mann mit der Out-of-bed-Frisur auf der Bühne war. Bis zum erlösenden Song „Ha nur welle wüsse“ und dem für wohl die meisten damit verbundenen „Ach, der ist das!!!“ – Effekt, war das Vorprogramm auch schon fast vorbei. Dass der Sound schlecht abgemischt und die Lieder der neuen CD „Lieber Lieder“ noch zu unbekannt waren, mag zur verhaltenen Stimmung beigetragen haben.
Nach kurzer Umbauphase auf der Bühne war es schliesslich soweit. „Tschou zäme, mir si Züri Wescht us Bärn“ begrüsste Kuno die Fans und legte mit „Em Blues vorus“ einen ersten Klangteppich aus. Das Volk kam langsam in die Gänge. Schade nur, dass der Saal so dermassen voll war, dass man sich kaum bewegen konnte. Ich merkte, dass ich verwundert feststellte, wie unglaublich es mir vorkam, dass eine so volle und warme Stimme aus diesem Menschen fliessen kann. Die Band füllte den Raum voll aus, auch dank der tadellosen Arbeit des Technikers (Oli Bösch) im Hintergrund.
Kuno nahm das Publikum mit auf eine Reise, erzeugte Kino für die Ohren: mal ging es mit Colombo auf Entdeckungsreise nach Amerika oder mit Gagarin auf einen Mondspaziergang. Dann wieder glänzte die Band mit Coverversionen von Mani Matter und 2 Raum Wohnung. Ergänzt wurden diese inneren Ausflüge mit einer ausgeklügelten Licht- und Videoshow im Hintergrund. Am besten gefielen mir die Jungs in Schwarz, wenn sie etwas selbstvergessen und in ihrer Musik versunken, zusammen in einer Reihe standen und mit ihren Instrumenten dem Rhythmus nachfühlten. Da war für mich am meisten zu spüren, dass sie eine lange Beziehung verbindet und die Freude über die Musik in all den Jahren nicht verloren gegangen ist. Die vielen Kuno-Rufe täuschten aber dennoch nicht darüber hinweg, dass es im Publikum wohl einige Leute hatte, die von der Musik der Berner kaum Ahnung hatten. Dies veranlasste Kuno vielleicht auch dazu, die Anekdote zu erzählen, die er tags zuvor erlebt hatte: Sie hätten im Kino den neuen Film über Bob Dylan gesehen („Im not there“) und er bewundere, wie dieser damals an all den grossen Orten gespielt habe – New York, San Francisco… Umso komischer sei es dann gewesen, nach dem Film „..vor 800 Thuner auf Panaché zu spielen…“ In diesem Sinne erschien der wohl bekannteste Hit „I schänke dir mis Härz“ dann auch eher als Pflichtprogramm, denn als Kür. Zwar rockte der Saal dazu nun vollends, doch mir schien, im darauffolgenden „Traffic“ steckte doch etwas mehr Herzblut drin. Nach fünf Viertelstunden verabschiedete sich die Band ein erstes Mal, um aber kurz darauf wieder zu erscheinen. Zu „Fische versänke“ verwandelte sich die Bühne in eine Art überlebensgrosse Unterwasserwelt in Blau. Nach ein paar weiteren Songs verabschiedeten sich die Herren erneut und gaben damit den ersten Pflichtbewussten die Möglichkeit, sich aus dem Saal zu stehlen. Wer blieb, wurde aber mit einer weiteren gut 20-minütigen Parade belohnt. Je mehr Leute gingen, umso besser wurde die Stimmung. Das Publikum liess sich zum Tanzen hinreissen – jetzt, wo es endlich Platz hatte. Das schien auch die Band und Kuno zu animieren, die akrobatischen und tänzerischen Einlagen nahmen zu, die Freude am Spielen war klar spürbar. Auf einmal hatte der provinzielle Charakter nicht mehr die anfangs erwähnte Wichtigkeit, denn der Funke war einfach gesprungen. Und was bleibt am Ende meines ersten Züri West-Konzerts? Irgendwie frage ich mich, wie ich es so lange aushalten konnte ohne dieses Sammelsurium von Träumen und schmerzlichen Erfahrungen, die Kuno mit seiner rauen Stimme besingt und die mir irgendwie alle so bekannt und vertraut vorkommen.
Und irgendwo in mir weiss ich, dass das vielleicht das erste Mal war an diesem Abend, aber sicher nicht das letzte Mal… Und mir bleibt nur, es zum Schluss mit Kunos Worten zu sagen: „Merci viu mau!“