Sina am Seaside Festival in Spiez

F-E-S-T-I-V-A-L. Dumpf erinnere ich mich noch, was dieses Wort alles bedeutet: grosse Bühnen, Essensstände und Migros- oder wahlweise Coop-Sonnenschirme. Viele Menschen, ausgelassene Stimmung und eine Liveband nach der andern auf dem Programm. Mehr als zwei Jahre ist es her, dass ich zuletzt an einem Festival war, im August 2019 in Gampel. Da ahnten wir noch nichts Böses und tanzten fröhlich zu Sinas Musik. Und heute ist endlich wieder einmal Zeit dafür. Etwas komisch fühlt es sich schon an, als ich am Eingang nach dem Zertfikats-Check meine Maske in den Abfalleimer werfe. „S isch glich guet, nach zwei Jahr wider so es Festival“, sagt einer neben mir. „Ja, aber ungwohnt“, antwortet sein Begleiter. Und das bringt es so ziemlich auf den Punkt.

Kaum steht Sina auf der Bühne und zeigt ab dem ersten Ton in „Fiirvogl“ ihre wunderbare Stimme, ist dieses mulmige Gefühl aber verschwunden. Jetzt ist pure Lebensfreude angesagt! Wann ich wohl zuletzt ein Schlagzeug gesehen habe? Ich war an vielen kleinen, feinen Konzerten in den letzten zwei Jahren, aber immer ohne Schlagzeug und meistens auch ohne Bassgitarre. Umso mehr freue ich mich über Matthias Kräutli und Michael Chylewski an ihren Instrumenten. Die Band sei ganz blass im Gesicht, sagt Sina, allen voran Gitarrist Gregor Heini – es sei endlich Zeit, aus dem Proberaum im dritten UG heraus an die Sonne zu kommen. Und sie geniessen die Sonne! Jean-Pierre von Dach hat seine Silver Jet bestimmt extra poliert, damit sie richtig glitzert.

Neben Songs wie „Easy Rider“, „Fär immär und ewig“ oder „Gitarrema“ spielen sie auch „In Memphis“ und eine kurze Hommage an Kim Wilde. Ihr hätte der Slot im Programm eigentlich gehört, Sina ist eingesprungen und freut sich über die ihr geschenkte Stunde. Nach „Där Sohn vom Pfarrär“ schaut Sina kurz vor Ablauf dieser Stunde suchend in die erste Reihe im Publikum und fragt, ob Häni von den Halunken noch irgendwo sei, er solle zu ihr kommen. Zwei Security-Mitarbeiter hieven ihn auf die hohe Festivalbühne. Dort wird ihm ein Mikrophon gereicht, und dann singt er zum Abschluss gemeinsam mit Sina „Ich schwöru“.

Ob man die Uhr nicht nochmal eine Stunde zurückdrehen könne, fragt Sina nach diesem Lied, sie möchte grad noch einmal spielen. Oder vielleicht könnte man sie ja ein paar Stunden, Wochen oder Monate vordrehen bis in eine Zeit, in der Festivals wieder ganz normal sind?

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