Nils Althaus im Chappelehof in Wohlen

Kurs über das Musikbusiness: „Hit i 5 Minute Crashkurs Intensiv 2000“, Lektion Nummer eins: es braucht ein Zielpublikum und einen Marktanalysten à Menschen in der Pubertät eignen sich sehr gut zum manipulieren. Lektion Nummer zwei: man nehme von einem Hit ungefähr den Text, von einem anderen die Melodie, dazu kommt eine Prise aus einem Hit aus den 60gern à voilà dein Hit ist geboren. An Nils Althaus, den ich kürzlich in Wohlen geniessen durfte ist glatt ein Musikstar Produzent verloren gegangen, aber lies selber…

Irgendwie ein bisschen verloren sieht er aus, wie er vorne auf der improvisierten Bühne sitzt, zusammen mit seiner Gitarre und seinen 2 Mikrofonen. Er informiert uns sofort über seine Vorliebe das Lügen, in meinen Augen eine Taktik, damit das Publikum nie weiss, welcher Text von ihm handelt und welches Lied frei erfunden ist. Die Scheinwerfer und die exponierte Lage berechtigen ihn dazu, dass er keinen Eintritt bezahlen musste, wir aber schon (im Chappelehof werden Studenten berücksichtigt). So, aber nun zum eigentlichen Konzert über das ich ja eigentlich schreiben will…
Im ersten Lied das den provokativen Titel trägt, „ich wott ke Gäld“ erzählt er uns, dass er nur ein Bier, ein Meitschi, ein Bett und ganz viel Zeit braucht um glücklich zu sein – welcher Mann würde ihm da widersprechen? Weiter geht es in die Migros, wo der gute Nils an der Kasse steht und sein Einkaufswägeli beobachtet wird, ich fühle mich ein bisschen persönlich angegriffen, gehöre ich doch zu denen Menschen, die an der Kasse stehen und sich zum Inhalt der anderen Einkaufswagen inklusive dem Wagenbesitzer eine Geschichte zusammenspinnen, na ja, jetzt weiss ich, in welchen Stress die Personen kommen, die ich beobachte.

Analog zum Hans im Schnäggeloch singt er vom Verlust, dieser spaziert mit seiner Freundin durch die Stadt Bern und macht sich Gedanken, warum er ausgerechnet dieses Mädchen ausgesucht hat, gibt es doch so viele, die ihm gefallen würden – plötzlich ist das Mädchen weg und kein brauchbarer Ersatz vorhanden… Das Schweizer Radio unterstützt meiner Meinung nach die Schweizer Musik immer noch zuwenig, zum Beispiel habe ich den Nils Althaus noch nie am Radio gehört obwohl er einen eigentlichen Radiosong geschrieben hat.
Das Lied beginnt gemütlich und handelt natürlich wieder von der Liebe, zwei verliebte Menschen liegen auf der Wiese, umsummt vom Liebenslied zweier Bienen. Plötzlich gehen diese zwei Bienen aufeinander los und das Lied wird chirurgisch. Daher verzieht sich das Paar hinter die geschlossenen Vorhänge des Schlafzimmers. Das Lied endet mit dem üblichen Radio Sing Sang, welcher schlussendlich (zum Glück) ausgeblendet wird. Vor der Pause war Provozieren sein Motto, jetzt sind wir beim Skandal.

Die „füdleblutti Meitschi“ auf den Plakatwänden land auf landab stehlen uns Frauen die Show und den Männern ihren Verstand. Schlussendlich treiben all diese nackten Mädchen den Mann in die Keuschheit und somit in das Leben als Mönch – schade schon wieder einen weniger. Ich habe einen sehr humorvollen Abend verbracht mit Geschichten die auch mein Leben schreiben könnte, zum Beispiel ist es mir auch schon passiert, dass ich vollgepackt aus der Epa (leider gibt es diese nicht mehr, ist somit eine Jugenderinnerung) komme, und prompt mit einem Mann zusammenstosse. In meinen Gedanken sind die schlagfertigen Antworten vorhanden, doch sie kommen nicht über die Lippen… Genau solch ein Erlebnis ausgeschmückt mit seinen Träumen besingt uns der Nils im Lied „Begägnig vor dr EPA“. Traurig aber wahr, kurz nachdem er diesen Song geschrieben hat wurde die Epa aufgelöst.

Oder das Ehepaar Gnägi, welches einen Tangokurs besucht entlockt einigen Ehepaaren aus dem Publikum ein wissendes Schmunzeln. Langsam lallend kommen wir an das Ende vom Konzert mit einem Cabernet 88 welcher im sierra madre sing sang endet. Dieser Schluss passt zu Nils Althaus und tönt daher nur schwach nach Bierzelt, Fasnachtstreiben immerhin ist somit auch noch eine Aktivität vom Publikum vorhanden… Als Zugaben lernen wir den Dings kennen, wobei ich denke, den kennen wir alle, weisch Dela, de Dings wo do au am Konzert vom Dings xi isch, de Dings wo mit der Dings dörte xi isch… weische wer i meine?

Ja, ich denke, ein Abend mit Nils Althaus lohnt sich, meine aber das Ambiente trägt viel dazu bei… stehend wäre er zum Beispiel nicht solch ein Genuss gewesen, die gemütlich auf den Stühlen sitzend im Saal vom Chappelehof.

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